Das erst Mitte der 1950er Jahre nach Deutschland gekommene Karate
erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Heute gehört
das traditionelle japanische Karate zu den etablierten Sportarten
und ist nach Judo die in Deutschland mitgliederstärkste
Kampfsportart.
Doch wer Karate nur von den Kampfsportvorführungen aus dem
Fernsehen her kennt, wird denken, es gehe vorwiegend darum,
Ziegelsteine oder sonstige harte Gegenstände mit der Stirn,
der Hand oder dem Fuß zu zerbrechen. Aber das ist falsch.
Im Karate lernt man, genau
abgezirkelte Schläge, Tritte und Stöße gegen
empfindliche Körperstellen zu führen - gleichzeitig aber
auch, solche Angriffe abzuwehren. Das Besondere daran ist nun,
daß diese Schläge, Tritte und Stöße zwar mit
äußerster Energie geführt werden, den Partner aber
nicht verletzen dürfen.
Dieser scheinbare Widerspruch wird so gelöst: Der eigentliche
Zielpunkt, z.B. der Solar Plexus (das ist das Nervengeflecht in der
Magengrube), wird in Gedanken einige Zentimeter vor den Körper
des Gegners verlegt. Diesen gedachten Zielpunkt gilt es dann mit
aller Energie zu treffen. So läßt sich zweierlei
erreichen: zum einen der Schutz vor Verletzungen und zum anderen
eine äußerste Präzision in den Schlägen, Tritten und
Stößen.
Karate entwickelt also sowohl eine vollendete Körperbeherrschung,
als auch Kraft und Dynamik, sowie charakterliche und geistige Kontrolle.
Aufgrund der vielseitigen Anforderungen an Körper und Geist ist Karate
ideal als Ausgleich zu den Anforderungen des Alltags und ist sogar von
der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Gesundheitssport anerkannt.
Wer aber Karate
nur als Kampftechnik übt, der hat den Sinn dieser ostasiatischen
Kampfsportart nicht begriffen. Denn hier geht es vorwiegend um die
Kunst der Selbstverteidigung, und zu den wichtigsten Voraussetzungen
gehört dabei, dem Gegner (z.B. auf Turnieren) mit Respekt und
Fairneß gegenüberzutreten. Denn nicht der Sieg über
den Gegner ist bei den fernöstlichen Kampfsportarten das
höchste Ziel, sondern der Sieg über sich selbst.
Karatesport betreiben heißt, in vielen Schritten festgelegte Techniken
zu erlernen. Ein Lernabschnitt wird mit einer Kyu-Prüfung abgeschlossen,
was durch die Vergabe eines farbigen Gürtels dokumentiert wird. Je nach
Trainingseifer und Talent dauern diese Abschnitte unterschiedlich lange.
Bis zum Erreichen eines Dan-Titels (Schwarzgurt), benötigt ein Karateka
in jedem Fall einige Jahre, zumal die Anforderungen mit zunehmendem Grad
ansteigen.
Der heutige Name Karate bedeutet: "Leere unbewaffnete
Hände".
Im Karate gibt es zwei grundsätzliche Wettkampf-Kategorien: Kata und
Kumite. Bei der Kata geht es um die korrekte Wiedergabe festgelegter
Bewegungsabläufe. Dieser Kampf gegen mehrere imaginäre Gegner,
die sich aus verschiedenen Richtungen nähern,
erfolgt per Ansage und wird von den Kampfrichtern penibel genau bewertet.
Beim Kumite treffen die Aktiven tatsächlich aufeinander. Sie kämpfen
im Voll- oder Semikontakt, wobei die Beherrschung des Körpers, die Kenntnis der
Technik und das Parieren der Aktionen des Gegners am wichtigsten sind.
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